Sonntag, 20. März 2011

literatur


die literatur ist ein großer markt, wie alles, mit wettbewerb, strategien, überzeichnung. man nimmt ihn, den markt, und sich selbst als kleines rädchen darin sehr wichtig, schließlich wird nicht irgendwas produziert, sondern geistige nahrung. man präsentiert sich mit stolz, als einzig wahrer experte auf einem gebiet. je größer der verlag, desto mehr die werbung, aber auch die kleinen leute laufen in anzügen herum und haben aktentaschen dabei, sind „ja so froh, wenn der ganze rummel wieder vorbei ist“, aber in wirklichkeit genießen sie es, ein gestresster geschäftsmann mehr in der ganzen überforderten masse zu sein. es werden kataloge verteilt und mit kugelschreibern um sich geworfen, um die normalsterblichen abzufüttern, die privatleute, die literaturliebhaber, die leser, die eigentlich nerven. denn richtig interessant sind ja eigentlich nur die schriftsteller einerseits, und andererseits die anderen geschäftsleute vom stand nebenan, aus der halle gegenüber, mit denen man sich austauschen, gegen konkurrenten zusammenschließen und bei einer tasse kaffee und drei tage alten keksen über den furchtbar stressigen messealltag jammern kann. 

und so schlendere ich über die messe, eine leserin, eine normalsterbliche, und ich beschließe gerade, mich wieder verstärkt der literatur zu widmen, der belletristik. ich gehe an den ständen vorbei, jeder eigentlich nichts anderes als ein kleiner weißer kasten, mit mehr oder weniger büchern und messeleuten gefüllt, und ich sehe eine milchtüte auf einem kleinen tischchen. der messestandkasten ist aus gräulich-weißem plastik, der boden darin gefegt, an der plastikwand reihen sich die neuen ausgaben wie exponate, schimmernde versprechen, unberührte schatzkisten. der niedrige tisch und die stühle haben die proportionen von kindermöbeln, genau in der mitte der tischplatte steht eine plastikschale mit adrett drapierten süßigkeiten zum anschauen darin. und dazu völlig verquer, das klinische bild brutal durchbrechend, taucht die blau-weiße milchtüte dort in der symmetrie auf und zeigt, dass auch literatur nur von menschen gemacht wird.